Willkommen!

Willkommen bei der Akademie für angewandte Vegetationskunde!



Hier findet ihr aktuelle News, Veranstaltungshinweise und Einiges mehr. Weitere Infos stehen auf unserer Homepage http://www.vegetationskun.de/







Montag, 29. November 2010

Ankündigung Workshop Goetheanistische Vegetationskunde

Vom 25.-27. Februar 2011 bietet die Akademie unter der Leitung von Dr. Hans-Christoph Vahle einen Workshop zum Thema „Goetheanistische Vegetationskunde“ in Witten an.

Unter der Fragestellung „Was ist Goetheanistische Vegetationskunde, warum ist sie so besonders und was kann ich damit anfangen?“ wird ein völlig neuer, ganzheitlicher Zugang zur Vegetation und zur Vegetations-Wahrnehmung aufgezeigt. Dabei wird der wissenschaftliche Aspekt der Pflanzensoziologie mit einem künstlerisch-ästhetischen Aspekt verbunden. Schließlich folgt noch die konsequente Anwendung der Methodik in den Anwendungsfeldern Naturschutz, Landwirtschaft und Medizin und die Darstellung einiger bemerkenswerter Beispiele. Bei Interesse kann die Arbeit im Sommerhalbjahr 2011 in Form von Exkursionen mit praktischen Geländeübungen fortgesetzt werden.

Voraussetzungen: Interesse und Spaß an Botanik und Vegetationskunde, Neugier auf neue Entdeckungen; künstlerische Voraussetzungen: keine.

Es wird für den Workshop ein kleiner Kostenbeitrag von 20 Euro erhoben.

Alles Weitere wird noch mitgeteilt, Anmeldungen bitte an: vahle[at]vegetationskun.de

Freitag, 12. November 2010

Biotopkartierung? Was ist das?

In diesem Jahr gab es im Rahmen der Nachwuchsförderung die Möglichkeit, PD Dr. Hans-Christoph Vahle beim Biotopkartieren zu begleiten und so nicht nur Arten- sondern auch Pflanzengesellschafts-Kenntnisse zu erlernen bzw. zu erweitern.   

Biotopkartierung? Was ist das?

(Dazu zitiere ich aus Wikipedia, dort ist es so schön in kurzen Worten erklärt):
„Eine Biotopkartierung wird entweder von naturschutzinteressierten Privatleuten, etwa in Naturschutzverbänden, im Auftrag von Behörden oder im Rahmen einer Forschungsarbeit ausgeführt, um Lebensräume in einem bestimmten Gebiet zu erfassen und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt zu bewerten.
In einer oder mehreren Begehungen werden folgende Daten registriert:
  • Nutzungsform und -intensität
  • Vegetation und Pflanzengesellschaften, auch im Hinblick auf gesetzlich generell unter Schutz stehende Biotoptypen wie etwa Hochmoore oder Sand-Magerrasen
  • Flora (und Fauna)
  • Vorhandensein von besonderen Strukturelementen wie beispielsweise: Einzelbäume und Gebüschgruppen, Trockenmauern, Böschungen, Hohlwege und Kleingewässer
 Ergebnis der Biotopkartierung ist meist eine oder mehrere Karten, aus denen die Bedeutung des Gebietes aus naturschutzfachlicher Sicht hervorgeht.
Der Zweck einer Biotopkartierung ist eine Inventarisierung der Landschaft nach naturschützerischen Gesichtspunkten. Diese ist hilfreich für:
  • Nachweis schleichender Veränderungen
  • Planung von Naturschutzmaßnahmen, speziell auch Biotopvernetzung
  • Unterstützung bei der Eingriffsregelung und der Flurbereinigung
  • Argumentationshilfe bei geplanten Eingriffen in die Natur“

 Vom 04.-09. Mai in diesem Jahr bin ich zum ersten Mal mit in die Vulkaneifel zum Kartieren gefahren. Durch mein Studium hatte ich schon grundlegende Artenkenntnisse, doch schon am ersten Tag war ich überwältigt, wie viel es noch zu entdecken gibt! 

Diese Art der Nachwuchsförderung ist wirklich unglaublich wertvoll – man ist den ganzen Tag draußen, lernt durch ständige Wiederholungen automatisch die Arten und kann sich auch merken, an welchen Stellen, in welchen Gemeinschaften sie wachsen; man kommt an Orte, die sonst keiner betreten darf und entdeckt viel Schönes am Rande. Highlights für das Auge waren natürlich die Orchideen und die Schlüsselblumenwiesen.

 
Fazit dieser Woche: 

  • 71 Vegetationsaufnahmen
  • 263 Pflanzenarten (59 Pflanzen-Familien)
  • alle möglichen Biotoptypen von Offenland bis Wald

Nächstes Jahr versuchen wir, diese Möglichkeit der Fortbildung wieder anzubieten, da sie  sehr gut angenommen worden ist und aus eigener Erfahrung kann ich auch nur positive Rückmeldung geben!


Montag, 1. November 2010

Vegetationskunde. Vegetationsästhetik! Vegetationstherapie?

Für alle, die etwas mehr über einen Teil unserer Arbeit erfahren wollen - hier der Inhalt einer Broschüre, der mit Sicherheit Neugier und Begeisterung weckt:

Vegetationskunde.
Vegetationsästhetik!
Vegetationstherapie?

Warum eine Beschäftigung mit der Vegetation?

Ein ökologischer Grund ...

Wenn wir Menschen heute einen verantwortungsvollen Umgang mit der Biosphäre entwickeln wollen, dann sind eine Erkenntnis und ein Erleben von Vegetation sowie ein praktischer Umgang mit ihr sehr wichtig; hierzu nur ein paar Tatsachen:
- 99 % der Biosphäre bestehen aus Pflanzenmasse;
- die Photosynthese wird von der grünen Vegetation vollzogen und ist Grundlage allen Lebens auf der Erde;
- die Vegetation ist maßgeblich für das Gesicht der Landschaften. 

... und ein ganz anderer Grund ...

"Hast du noch nie empfunden: Es muss anders werden! Wenn du z.B. im Wald saßest und die lieben Bäume und Gräser um dich herum sahest, von denen dich doch so ein Weltabgrund der Nichterkenntnis schied! Was waren sie eigentlich, wo war ihre Seele, wo war der Punkt, in dem ihr euch brüderlich treffen konntet, nicht nur in dumpfer Liebe von deiner Seite, sondern euch gleichsam ins gottgeschwisterliche Auge schauend? Wäre es nicht unsinnig, wenn es in einer Welt, so weit und verschwenderisch angelegt, immer so bliebe, nie anders würde? Muss es nicht anders werden? Und löst diese Not und Notwendigkeit nicht etwas in dir, das sagt: Ja, es muss besser werden, und ich will Tag um Tag dem Geist und den Geistern der Dinge entgegengehen, sind sie doch gewiss auch schon längst auf dem Wege zu mir." (Christian Morgenstern)

... und ein künstlerischer Grund.

Zwischen den beiden genannten Gründen, die entweder mehr die physische oder die spirituelle Seite der Annäherung an die Pflanzenwelt betonen, liegt vielleicht noch ein drittel Grund, der als Versuch verstanden werden kann, beide Aspekte zu verknüpfen. Hervorragende Bedeutung kommt hierbei der Wahrnehmungsschulung zu, die Subjekt und Objekt miteinander verbindet und hilft, den Dualismus von Mensch und Natur und den von Materie und Geist zu überwinden. Da der ursprüngliche Sinn des Wortes "Ästhetik" eben der der Wahrnehmungsschulung ist, soll zentrales Thema unserer Arbeit die "Vegetationsästhetik" sein, was heißt: Schulung der Wahrnehmung an der Vegetation und mit Hilfe der Vegetation.

Die Pflanze in uns und die Vegetation um uns

Die Pflanze in uns: Schlüssel für die Lebensprozesse der Erde und des Menschen?

Verantwortung für die Biosphäre heißt nichts anderes als Verantwortung für globale Lebensprozesse. Dass es aber mit einem Bewusstsein von Lebensprozessen, egal welcher Art, nicht weit her ist, zeigt auch unser Umgang mit uns selbst, unseren eigenen Lebensprozessen. Dieses Aufeinander-Bezogen-Sein von außen und innen lässt eine etwas merkwürdig anmutende Frage entstehen: Was wissen wir eigentlich über die Pflanze in uns? Wir haben ein Bewusstsein von der Materie in uns (Biochemie, Biophysik, letztlich ist heute die Physiologie nur Biochemie), wir haben ein Bewusstsein des "Tieres in uns" (Verhaltensforschung, Psychologie), und wir haben ein Bewusstsein des Geistes in uns (Philosophie, Geisteswissenschaften). Alles - innen und außen - ist durch die Evolution miteinander verbunden. Alles? Wo bleibt dann die Pflanze in uns? Davon gibt es kaum ein Bewusstsein, obwohl sie doch logischerweise da sein müsste.

Der Weg nach außen zum Verständnis des Innen

Hier sei die These gewagt: Das Nicht-Bewusstsein von der Pflanze in uns hängt unmittelbar zusammen mit der Zerstörung der Lebensprozesse in uns und unserer Umwelt. Und weiter: Zur Pflanze in uns kommen wir nur über eine Erkenntnis der Pflanzendecke außerhalb von uns, der Vegetation! Dazu reichen aber nicht Botanik, Physiologie oder Einzelpflanzen-Betrachtungen - so wichtig sie auch sind. Das rein Pflanzliche kann erst in der grünen Decke der Vegetation richtig erfasst werden, in dieser nicht-individualisierten Lebenssphäre. Nur ist eben dazu der Zugang nicht leicht, wäre er es, hätten wir nicht die geschilderten Probleme.

Die Vegetation: ein psychologisches Problem und seine Überwindung

Die Vegetation erscheint im Bewusstsein von uns Menschen meist aufgelöst in einzelne Individuen: Blumen, Bäume, Kräuter. Die strukturierte Decke des Vegetationszusammenhanges bleibt demgegenüber als "langweiliges" Grün im Hintergrund. Auch die heutige Naturpädagogik zielt auf die Begegnung zwischen Mensch und individueller Naturerscheinung wie einem Tier, einem Baum, einer Blume. Hier ist die emotionale Ebene direkt angesprochen, - die Menschen können eine Direktbeziehung herstellen und somit leichter einen Zugang zur Natur finden.

Ganz anders bei der Vegetation! Da gibt es nichts Individuelles, sondern einen überindividuellen Zusammenhang, der aber dennoch intensiv lebt. Hierzu eine Beziehung aufzubauen, geht eigentlich gegen unsere seelische Grundkonstitution, die gerne ein Ich-Du-Verhältnis sucht. Und trotzdem ist der Zugang zur nicht-individuellen Ebene von besonderer Wichtigkeit. Hierdurch finden wir nämlich einen Weg zum Eintauchen in die Lebensprozesse der Erde und der Landschaft überhaupt. Und wir finden so, quasi von Außen über einen Umweg, zu den Lebensprozessen in uns, und damit zu der Pflanze in uns. Denn die Pflanze, oder besser "das Pflanzliche", repräsentiert die reine Lebensorganisation ohne seelische Beteiligung (vgl. die vierschichtige Gliederung der realen Welt von Nicolai Hartmann). 

Das Leben der Landschaft lesen: Vegetation als die Schrift

Die Lebenszusammenhänge eines Ortes werden durch die Vegetation ins Bild gesetzt, wie die Vegetationskunde längst gezeigt hat. Die Feuchtigkeit des Bodens und der Luft, die Temperatur, die Beschattung, die Art des Bodens, der Einfluss von Tier und Mensch - alles das bildet sich in der Vegetation ab. Diese Bilder können wie eine Schrift lesbar werden - und zwar flächendeckend. Es gilt nun, diese Schrift, die bisher nur von wenigen Fachleuten entziffert werden kann, allgemeinverständlich lesbar zu machen.

Wie kann diese Bildungsaufgabe aussehen? Zunächst muss ein Weg entwickelt werden, auf dem ein Zugang zur Pflanzensphäre gefunden werden kann. Der erste Schritt muss, analog zu der "individualisierten" Ebene bei der herkömmlichen Naturerfahrung (Aufbau einer seelischen Beziehung in der Naturbegegnung vor Ort), auch bei einem tiefen, möglichst positiven Erlebnis ansetzen. Das ist bei der grünen Pflanzendecke wohl nur über die ästhetische Ebene möglich, also über die Gestalt der Vegetation. Das Erleben des Naturschönen muss im Vordergrund stehen. Und je mehr die Vegetation mit den "Augen des Kindes, des Künstlers, des Liebenden" (Portmann 1973) gesehen wird, umso intensiver wird dieses Erlebnis sein.

Wege der Annäherung

Der wissenschaftliche Weg: Vegetation buchstabieren lernen

Das Eintauchen in die Ästhetik von Lebenszusammenhängen eines Ortes wird durch das Lesen der Vegetation, als der Schrift der Landschaft, möglich. Das Lesen beginnt jeweils mit einem gründlichen Buchstabieren, das in ein verstehendes Lesen übergeht. Dies ist in erster Linie Arbeit für Fachleute, d.h. Vegetationskundler. Und es bedeutet in der Fachsprache: vertraut machen mit der Vegetation eines Ortes und verstehen des Zusammenhangs zwischen Vegetation und Standort. Die Aufgabe der Vegetationskundler ist es dann weiterhin, den Menschen die gefundenen Zusammenhänge allgemeinverständlich weiterzugeben - und das heißt in erster Linie: auf ästhetischer Ebene, was heute so gut wie gar nicht geschieht.

Der künstlerische Weg: Bedeutung und seelische Wirkung der Vegetations-Schrift

Im nächsten Schritt des Lesens in der Landschaft geht es um diejenige Bedeutung der Vegetation, die sich in der Beziehung zum Menschen darstellt. Hierauf aufmerksam zu werden und damit umgehen zu lernen, ist der zentrale Punkt der Vegetations-Ästhetik. Die eingangs geschilderte Schwierigkeit sich auf die "langweilige" grüne Vegetationsdecke einzulassen, kann nun in einen aktiven Schulungs- und Übungsweg für alle Menschen umgewandelt werden. Das erfordert die Mobilisierung und Entwicklung bestimmter seelischer Eigenschaften: beispielsweise die innere Bereitschaft, sich starker Affekte - Sympathie und Antipathie - zu enthalten. Denn die Vegetation erweckt unmittelbar keine bloße emotionale Sympathie wie etwa ein junges Säugetier, noch Antipathie wie Spinnen oder Schlangen. Weiterhin wird wenigstens ansatzweise eine Seelenhaltung notwendig, die das starke Gefühl für Individualität, wie sie unter Menschen herrscht, herabdämpft und der Natur gegenüber in ein Gefühl für Über-Individualität, für Selbst-Losigkeit, für große lebendige, überpersönliche Ganzheiten umwandelt. Solche seelischen Fähigkeiten können beim bewussten Umgang mit Vegetation geschult werden und stehen dann auch für soziale Prozesse zur Verfügung, die das Individuelle unter Menschen nicht ausschließen.

Umgekehrt spiegelt sich aber auch das Wesen von uns Menschen (unseres Bewusst-Seins, unserer Gesellschaft) in der Vegetation. Die historischen Kulturlandschaften sind ebenso Zeugnis davon wie die gegenwärtigen Stadt- und Industrielandschaften. Einmal auf diese Sicht aufmerksam geworden, entfaltet die Landschaft ein ganzes Bilderbuch der kollektiven menschlichen Innenwelt. Es können hierdurch große innere Wahrbilder sichtbar werden, die dann auch zum Tätigwerden aufrufen. Motive für das Handeln, das sich daraus ergibt, entspringen nicht allein rationalem Kopfwissen, sondern auch einem "Herzwissen", das mit lebendigen Bildern verbunden ist.

Der Weg des Handelns: Vegetation neu schreiben

Der Wille zum Handeln, entsprungen aus "Herzwissen", das in der Ästhetik begründet ist, gibt der "Vegetationsschrift" der Landschaft eine weitere Bedeutung. Denn Schrift kann nicht nur gelesen und verstanden werden, sie kann und muss auch geschrieben werden. Bleibt man im Bild der Vegetation als Schrift, dann bedeutet Landschafts-Entwicklung und Landschafts-Gestaltung: Neues "Schreiben" oder Überarbeiten der Landschaft mit der und durch die Vegetation. Vegetation ist nämlich nicht nur ein passiver Anzeiger für Standortkräfte, sondern ist auch selbst ein Aktivposten im gesamten Wirkgefüge. Sie selbst ist Standortfaktor und kann die physikalisch-chemischen Verhältnisse massiv beeinflussen, entweder auf eine Veränderung oder auf ein Gleichgewicht hin. Durch Förderung bestimmter Pflanzengesellschaften hat es der Mensch in der Hand, mit Hilfe der Vegetation den Standort aktiv zu gestalten.

Dies zu planen und zu entwerfen ist in erster Linie die Aufgabe von Landschaftspflegern und Landschaftsarchitekten, die aber auch für die beteiligten und betroffenen Menschen vor Ort "Schreibhilfe" geben müssen. Die zukünftige Aufgabe der Landschaftspfleger wird wohl weniger die Erfüllung eines vorgegebenen Auftrages sein als vielmehr die Anregung und Betreuung von Initiativ-Projekten (Francis 1999) nach dem Motto: Lasst uns gemeinsam die Zukunft der Landschaft gestalten! Die Ästhetik von Lebenszusammenhängen, die erlebt, erkannt und selbstverantwortlich gestaltet werden können, kann das tragende Motiv dazu sein, und die Vegetation das Medium.

Vegetations-Therapie?

Bei genauerem Hinsehen sind in den drei geschilderten Wegen einer Annäherung an die Vegetation therapeutische Aspekte enthalten. Vegetationstherapie, als das eigentlich praktische Ergebnis der Vegetationsästhetik, hat eine doppelte Bedeutung: einerseits kann der Mensch durch seine Tätigkeit die Vegetation und damit die Landschaft therapieren - oder besser gesagt: die Landschaft mit Hilfe der Vegetation therapieren. Das ist vorwiegend im Rahmen des "Weges des Handelns" der Fall, wo es um Landschaftsgestaltung geht.

Andererseits kann der Mensch durch die Vegetation therapiert werden, indem er sich, wie oben beschrieben, wissenschaftlich, künstlerisch oder tätig auf sie einlässt. Der tätig-pflegende Umgang mit Vegetation ist schon lange als therapeutisch bedeutsam bekannt. Aber auch die Wissenschaftlich-Goetheanistische und die künstlerische Annäherung haben ihre positiven Wirkungen, wenn die Betrachtungsebene von der Einzelpflanze hin zur Pflanzendecke als Ganzheit wechselt. Bei dem Trainieren dieser völlig neuen Wahrnehmungsebene wird nicht nur einfach das Bewusstsein erweitert, sondern es wird sich daran ein neues seelisches "Instrument" bilden, das als Auffassungsorgan für die Phänomene geeignet ist. Das erfordert und fördert eine seelische Umstimmung von einer eher egoistisch betonten zu einer mehr umkreisbezogenen und damit sozialbezogenen Haltung.

Praktische Projekte

Auf drei Ebenen soll die Vegetations-Ästhetik umgesetzt werden, die zwar alle zusammenhängen, aber doch ihre eigenen Schwerpunkte haben. Das eine ist die praktische Arbeit im Rahmen von Landschaftsgestaltung und -entwicklung, die die Steigerung der lebendigen Vielfalt mit Hilfe von gelenkten Pflanzengesellschaften zum Ziel hat. Unter dem Thema "LichtLandschaften" werden hierbei die vom Menschen abhängigen Pflanzengesellschaften der Kulturlandschaft gefördert, optimiert und teilweise auch neu angelegt. Das wurde bereits an mehreren Stellen erfolgreich begonnen, beispielsweise im Norden von Bielefeld als die "Ravensberger LichtLandschaften" und auf Hof Sackern, einem biologisch-dynamischen Betrieb südlich des Ruhrgebietes.

Der zweite Schwerpunkt ist die Publikation von Büchern und Artikeln. Aktuelle Publikationen in Arbeit sind:

  • Chara intermedia – Eine homöopathische Studie mit Fallbeispielen (zusammen mit Heidi Brand, Norbert Groeger, Michael Bögle)
  • Die Armleuchteralgen (Characeae) Niedersachsens und Bremens (zusammen mit Ralf Becker, Annemarie Schacherer)
  • Die Pflanzengesellschaften Niedersachsens, Band 1 und 3
  •  Die Präparatepflanzen in den Pflanzengesellschaften der Kulturlandschaft –        Konsequenzen einer pflanzensoziologischen Betrachtung –
  •   Goetheanistische Vegetationskunde: Ein Weg zur Heilpflanzen-Erkenntnis aus den Pflanzengesellschaften heraus
Eines der wichtigsten Buchprojekte ist die Herstellung eines Handbuches der Pflanzengesellschaften unserer Kulturlandschaften, das als allgemeinverständlicher Leitfaden für die Menschen der LichtLandschafts-Projekte dienen soll. In dem Buch soll jede Pflanzengesellschaft mit einem schönen Bild (Wecken des Interesses), einem kleinen Text zu Standortbedingungen und Verbreitung (Vertiefen der Erkenntnis der Lebensumstände) und konkreten Hinweisen zur Pflege und zur sinnvollen Einbindung in eine vielfältige und nachhaltig bewirtschaftete Kulturlandschaft (Aufforderung zur Tat) vorgestellt werden. Damit kann jeder Interessierte Freude und Lust am eigenen Entdecken entwickeln und aufmerksam darauf werden, wo in seinem Umfeld Möglichkeiten bestehen, vielfältige Pflanzengesellschaften in die Nutzung zu integrieren. Dieses Werk ist geplant, liegt jedoch zur Zeit auf Eis, weil für diese größere Aufgabe Arbeitskraft freigestellt werden müsste.

Der dritte Schwerpunkt ist der Ausbau der Akademie für angewandte Vegetationskunde als Ausbildungsstätte für Studenten der Landespflege, Landwirtschaft, Ökologie, Biologie, Pädagogik etc. Hier wird das Wissen und die gemachten Erfahrungen an jüngere Menschen weitergegeben, die wiederum später in Bereichen arbeiten, in denen im Sinne der Vegetationsästhetik umsetzungsorientiert gearbeitet wird. Die jungen Leute werden an der gesamten Arbeit der Akademie beteiligt. Auf diese Weise wird die längst geforderte Synthese von Forschung, Lehre und Praxis ermöglicht.


Literatur:
Francis, M. (1999): Initiativ-Planer - ein neues Profil für die Profession. - Garten + Landschaft 8/1999: 30-32.
Morgenstern, C. (1996): Lichtspur ins Geheimnis. - München (Hrsg. K.-H. Koch). 120 S.
Portmann, A. (1973): Verkümmerung der Lebensquellen. - Reihe Bayer. Akademie der Schönen Künste 12. München. 24 S.
Vahle, H.-C. (1996 a): Vegetation - die Schrift der Landschaft. - Die Drei 66 (7/8): 736- 753.
Vahle, H.-C. (1996 b): Pflanzensoziologie. Ein Weg zu einer goetheanistischen Land- schaftskunde. - Tycho de Brahe-Jb. f. Goetheanismus 1996: 129-207.
Vahle, H.-C. (1997): Neugestaltung des Schulgeländes mit heimischen Pflanzengesellschaften. - Einblick, Schulzeitschrift der Rudolf-Steiner-Schule Bochum 5: 43-47.