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Willkommen bei der Akademie für angewandte Vegetationskunde!



Hier findet ihr aktuelle News, Veranstaltungshinweise und Einiges mehr. Weitere Infos stehen auf unserer Homepage http://www.vegetationskun.de/







Mittwoch, 22. Dezember 2010

Aus- und Weiterbildung 2011 innerhalb der Akademie für angewandte Vegetationskunde

Programm der Akademie für 2011: 


Wasserpflanzenseminar
08. - 10. September 2011

Seminar mit Exkursionen in der Umgebung von Hannover, im Kontaktbereich verschiedenster Naturräume mit Kalk- und Sandgewässern, tiefen klaren Baggerseen und flachen salzbeeinflussten Tümpeln.
Zum Kennenlernen häufiger und seltener untergetauchter Wasserpflanzen von Laichkräutern über Wasserhahnenfuß bis zu den Armleuchteralgen, für Fortgeschrittene und Anfänger.

Beschreibung:
Wasserpflanzen und ihre Gesellschaften sind wichtiges Thema bei Biotopkartierungen, Erfassung und Bewertung von Lebensraumtypen und schließlich auch in der Restaurierungsökologie. In diesem Seminar werden artenreiche Wasserpflanzen- Gesellschaften detailliert in Praxis und Theorie vorgestellt; es eignet sich sowohl zum Kennenlernen als auch zur Vertiefung der Thematik.

Arbeits- und Exkursionsgebiet ist die unmittelbare Umgebung von Hannover. Hier treffen sehr unterschiedliche Naturräume aufeinander, die ein jeweils spezifisches Inventar an Pflanzengesellschaften zeigen: Die sandige Geest im Norden, das Lößhügelland mit einzelnen Kreidekalk-Erhebungen im Süden, beide durchschnitten von der Leineaue mit zahlreichen Baggerseen. Dazu kommt noch als Besonderheit ein Kalk-Niedermoor-Streifen in der Kontaktzone Geest-Hügelland sowie salzhaltige Quellen und Gewässer im Umfeld von oberflächennahen Salzstöcken und Salzabbau- Halden. Entsprechend vielfältig ist auch die Gewässer-Vegetation ausgeprägt.


In dem Seminar beschränken wir uns auf die Unterwasser-Pflanzen. Wir werden die charakteristischen Artengruppen der Naturräume kennen lernen und die einzelnen Arten mit sicherem „Habitusblick“ zu unterscheiden üben. Die pflanzensoziologische Einordnung schließlich verhilft uns zu einem guten Zusammenhangswissen, was ein stures „Vokabellernen“ unnötig macht.

Beginn des Seminars ist am Donnerstag, 8. September um 13.00 Uhr, Ende am
Samstag, 10. September um ca. 15.00 Uhr. Tagungsort ist das Umweltzentrum Hannover e.V., Hausmannstr.9-10, 30159 Hannover.

Hinweise: Bitte mitbringen: Wetterfeste Kleidung, Gummistiefel, Regenschirm kann sinnvoll sein. Tagesproviant, je nach Wetter können wir aber auch mal einkehren.

Übernachtung bitte selbst organisieren. Eine günstige Unterkunft ist z.B. das Bed'n Budget Hostel: http://www.bednbudget.de/

Anmeldeschluss: 3. August 2011
Teilnehmerzahl: max. 20.
Anmeldung formlos an folgende Adresse:


Priv. Doz. Dr. Hans-Christoph Vahle
Akademie für angewandte Vegetationskunde
c/o Institut für Evolutionsbiologie und Morphologie
Universität Witten/Herdecke
Stockumer Str. 10, 58453 Witten
Tel. Büro 02302-926-324
Tel. privat 02302-2782008
vahle[at]vegetationskun.de (Hinweis: bitte [at] durch @ ersetzen)
www.vegetationskun.de

Seminargebühr: 90 €, Studierende und Arbeitslose: 40 €
Die Seminargebühr bitte bei Anmeldung überweisen an H.-Ch. Vahle auf das
Konto Nr. 400 1300 900 bei der GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67, Stichwort: Wasserpflanzen.
Die Anmeldung wird erst mit dem Eingang der Überweisung wirksam
und wird auch nur in dieser Reihenfolge berücksichtigt.
Wiesenseminar 2011
24. – 26. Mai 2011 in der Vulkaneifel

Artenreiche Wiesen – Glatthaferwiesen, Magerwiesen, Feucht- und Nasswiesen – sind wichtiges Thema bei Biotopkartierungen, Erfassung und Bewertung von Lebensraumtypen und schließlich auch in der Restaurierungsökologie. In diesem Seminar werden artenreiche Wiesen detailliert in Praxis und Theorie vorgestellt; es eignet sich sowohl zum Kennenlernen als auch zur Vertiefung dieser Thematik. Es bildet die pflanzensoziologische Grundlage aller Grünlandkartierungen.

Arbeits- und Exkursionsgebiet ist die Vulkaneifel nordöstlich von Gerolstein. Bei Walsdorf befindet sich sein sehr großes Wiesengebiet (FFH-Gebiet) mit vielen verschiedenen Wiesentypen von mageren und typischen Glatthaferwiesen über feuchte Glatthaferwiesen bis zu Sumpfdotterblumen-Wiesen (Calthion) und Pfeifengraswiesen (Molinion). Hier werden wir die charakteristischen Artengruppen kennen lernen, voneinander abgrenzen und versuchen, sie schließlich auch mit dem „Habitusblick“ schnell zu erfassen.

Zum Inhalt:

  1. Die typische Glatthaferwiese
  2. Die kennzeichnenden „Blütenpflanzen“ der Glatthaferwiese
  3. Magerzeiger, Feuchtezeiger, Nässezeiger: die standörtlichen Abwandlungen der Glatthaferwiese
  4. Die Knollenhahnenfuß-Glatthaferwiese als „klassische“ Magerwiese
  5. Der wenig beachtete Übergang von Magerwiesen zu mageren Feuchtwiesen
  6. Der Unterschied von nährstoffreicheren Sumpfdotterblumen-Wiesen (Calthion) zu nährstoffärmeren Pfeifengraswiesen (Molinion)
  7. Was ist eine „gute“ Feuchtwiese? Die Ideologie von seggen-, binsen- und hochstaudenreichen Feuchtwiesen
Um einen möglichst hohen Lerneffekt zu erzielen, werden wir in den verschiedenen Wiesentypen zahlreiche Vegetationsaufnahmen machen und die Aufnahmen anschließend im Seminarraum tabellarisch verarbeiten. Die charakteristischen Artengruppen sollen sich auf diese Weise „wie von selbst“ zeigen. Durch diese Eigenaktivität aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer prägt sich das Wissen besser ein als bei vorgegeben Tabellen. Anschließend Einordnung der Artengruppen in die relevanten pflanzensoziologischen Systematiken von Pott, Rennwald, Preising und Dierschke.

Beginn des Seminars ist Dienstag, 24. Mai um 13.00 Uhr, Ende ist am Donnerstag, 26. Mai um 16.00 Uhr. Treffen am Dienstag auf dem Fohnhof bei Fam. Ingenerf.

Übernachtung in Pensionszimmern / Ferienwohnungen der Familie Ingenerf in Üxheim-Niederehe. Hier sind für die Zeit des Seminars alle Zimmer im Haus freigehalten, bitte dort selbst buchen und möglichst bald, da die Zimmer nach dem 1.5. sonst anderweitig vergeben werden. Kosten pro Nacht (mit super Frühstück!) ca. 22 €.

Familie Ingenerf
Fohnhof 2
54579 Üxheim
Tel. 02696-520

Teilnehmerzahl: mind. 10 – max. 20. Bei weniger als 10 Anmeldungen findet das Seminar nicht statt.

Anmeldeschluss: 1. Mai 2011
Anmeldung: Formlos an unten genannte Adresse

Seminargebühr: 70 €, Studierende und Arbeitslose: 35 €
Die Seminargebühr bitte bei Anmeldung überweisen auf das Konto Nr. 400 1300 900 bei der GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67. Die Anmeldung wird erst mit dem Eingang der Überweisung wirksam. Wird die Mindest-Teilnehmerzahl von 10 bis zum 1.5. nicht erreicht und fällt das Seminar damit aus, zahle ich die Seminargebühr zurück.

Stornierung: Bei Stornierung der Teilnahme durch den Teilnehmer bis zum 10. Mai 2011 wird die gesamte Seminargebühr zurück gezahlt, bei Stornierung nach dem 10. Mai wird nur die Hälfte, also 35 € bzw. 17,50 € zurück gezahlt.

Priv. Doz. Dr. Hans-Christoph Vahle


Akademie für angewandte Vegetationskunde


c/o Institut für Evolutionsbiologie und Morphologie

Universität Witten/Herdecke

Stockumer Str. 10, 58453 Witten

Tel. Büro 02302-926-324

Tel. privat 02302-2782008



Tagesexkursionen 2011



Vegetationskundliche Sonntags-Exkursionen


Dieses Jahr bietet die Akademie 3 eintägige Exkursionen zu vegetationskundlich interessanten Zielen innerhalb von NRW an.
Diese Exkursionen werden auch im Rahmen des Studium fundamentale der Uni Witten/Herdecke angeboten und als Studienleistung anerkannt.

01.05.: Feuchtweiden mit Mäuseschwänzchen bei Rheda-Wiedenbrück.

26.06.: Biologisch-dynamischer Hof Sackern (Gemeinde Wetter) mit
            artenreichen Weiden, Hofumfassungsmauer mit Mauervegetation,
            Hofteich und neu angesäten Glatthaferwiesen.

31.07.: Möhnesee mit Wasserpflanzen incl. Armleuchteralgen,
            Zwergbinsenrasen auf Kies- und Schlammufer.


Infos zu Treffpunkt und Anmeldung:
Dr. Hans-Christoph Vahle
Tel.: 02302-2782008
Email: vahle[at]vegetationskun.de

Exkursion „Goetheanistische Vegetationskunde“
20.-22.Mai 2011
ins Dahner Felsenland / Rheinland-Pfalz

Auf dieser Exkursion geht es darum, die goetheanistische Vegetationskunde praktisch einzusetzen, um die Landschaftswahrnehmung zu schulen und zu vertiefen und um einen Zugang zur Lebensebene der Landschaft zu finden. Wir schreiten dabei vom ganzheitlichen Erleben stufenweise bis zur detaillierten Analyse von Pflanzengesellschaften fort und gehen von dort schrittweise zu einer immer umfassenderen Synthese. Am Schluss steht der Versuch einer Wesenserkenntnis der Landschaft.

Zum Inhalt:
  • Gemeinsames Landschaftserleben auf einer „stillen“ Wanderung mit anschließendem Gespräch zum Austausch der Erfahrungen. Welche Fragen ergeben sich?
  • Vom Ganzen zu den Teilen in zwei parallelen Methoden. Beide beginnen zunächst gleich: Das Vegetationsmosaik und der „pflanzensoziologische Blick“ – Auswahl von Probeflächen. Dann Aufgliederung in (a) Pflanzensoziologie: Vegetationsaufnahmen – Vergleich von Artenkombinationen, (b) Phänomenologie: Zeichnen/Malen von Vegetationsgestalt-Profilen – Gestaltvergleiche.
  • Synthese: Zusammenführung der Ergebnisse aus Pflanzensoziologie und Phänomenologie – Vegetationsgestalten und die vier Elemente – Vegetations-Gliederung der historischen Kulturlandschaft – der Genius loci des individuellen Ortes.
Leitung: PD Dr. Hans-Christoph Vahle
Eine detaillierte Einladung mit genauen Daten folgt noch.


Heilpflanzen-Exkursion in die Vogesen
18.-25. oder 25.-31. Juli 2011  
(genauer Termin steht noch nicht fest)

Exkursion im Rahmen des Integrierten Begleitstudiums Anthroposophische Medizin (IBAM) der Universität Witten/Herdecke.

Hier geht es um die Entwicklung eines neuen Heilpflanzen-Verständnisses aus den Pflanzengesellschaften heraus. Die wichtigste Pflanzengesellschaft auf dieser Exkursion wird der montane Borstgrasrasen sein, in dem als populäre Heilpflanzen-Vertreter die Arnika und der gelbe Enzian wachsen. Diese und andere Arten werden nach einer vor zwei Jahren von uns gemeinsam entwickelten Methodik bearbeitet, in der die pflanzensoziologische Sicht, die medizinische Sicht und die kunsttherapeutische Sicht zu einer höheren Synthese geführt werden.

Eine detaillierte Einladung mit genauen Daten folgt noch.

Reihe Studien-Kolloquien

Monatliche Kolloquien an jedem 2. Freitag im Monat

Freitags 15.30 - 18.00 Uhr
Institut für Evolutionsbiologie
Universität Witten/Herdecke
Stockumer Str. 10, Witten-Annen

In diesen Kolloquien können Studierende verschiedener Universitäten ihre Arbeiten, Projekte, Vorhaben und Ideen vorstellen. Voraussetzung ist, dass das Thema etwas mit Vegetationskunde zu tun hat und dass der/die Studierende ein Interesse daran hat, das Thema in einem goetheanistischen Zusammenhang zu diskutieren. Grundlagen in goetheanistischer Naturwissenschaft sind dabei nicht Voraussetzung, sondern werden jeweils von der Akademie dazu geliefert. Das erste Kolloquium mit Marlene Naskar aus Oldenburg über die Heideseen mit der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft war ein sehr guter Auftakt.

Nächster Termin: 14. Januar 2011 mit Janina Homberg über Die naturnahe Forstwirtschaft als Beitrag zur Stabilität von Wald-Ökosystemen.

Bitte zu diesen Kolloquien vorerst noch anmelden (spätestens 1 Woche vorher), bis sie sich fest etabliert haben, bei Hans-Christoph Vahle
Postalisch: Goethestr. 14, 58453 Witten
Tel.: 02302-2782008

 
Berufsbegleitende Ausbildung
in goetheanistisch-anthroposophischer Naturwissenschaft

Im Rahmen dieser Ausbildung legt die Akademie selbstverständlich ihren Schwerpunkt auf die goetheanistische Vegetationskunde in allen ihren Facetten und Anwendungsmöglichkeiten wie Naturschutz, Landwirtschaft, Medizin, Kunsttherapie, Ästhetik, Bildungsarbeit usw. Menschen aus diesen und verwandten Arbeitsbereichen sind herzlich zu der Ausbildung eingeladen. Im Folgenden der Einleitungstext aus dem Flyer:

Die Ausbildung richtet sich an alle, die eine Vertiefung ihres Verhältnisses zur Natur auf dem Wege einer Erweiterung der Naturwissenschaft suchen.

Goethes naturwissenschaftliche Methode ermöglicht einen phänomenologisch begründeten Erkenntnisweg zu einem vertieften Verständnis von Natur und Mensch und ihrer gegenseitigen Beziehung. Forschungsergebnisse aus der anthroposophischen Arbeit Rudolf Steiners können dabei als Orientierung eine wichtige Hilfe sein. 

Ziel der Ausbildung ist der selbstständige und methodisch reflektierte Umgang mit einer Naturwissenschaft, die um eine goetheanistisch- anthroposophische Betrachtungsweise erweitert wird.

Die Ausbildung erstreckt sich über mindestens zwei Jahre und ist nicht an einen festen Ort gebunden.

Jeder Studierende wird durch einen selbst gewählten persönlichen Mentor betreut.

Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich unter http://www.anthrobotanik.eu/ informieren.


Workshop „Goetheanistische Vegetationskunde“
25.-27.Februar 2011

Freitag 25.2. 14.00 Uhr bis Sonntag 27.2. 13.00 Uhr
Institut für Evolutionsbiologie
Universität Witten/Herdecke
Stockumer Str. 10, Witten-Annen

Zum Inhalt:

Einleitung
  • Was ist Vegetationskunde / Pflanzensoziologie?
  • Degeneration der Pflanzensoziologie in neuerer Zeit
  • Was wurde verloren, was ist wichtig zu retten?
Der goetheanistische Kern der Vegetationskunde und der Typus
  • Der ursprüngliche Kern der Pflanzensoziologie bei Tüxen und Braun-Blanquet
  • Was hat Goethe mit der Pflanzensoziologie zu tun?
  • Der zentrale Begriff der Pflanzensoziologie: der Vegetationstypus
  • Der Vegetationstypus zwischen Erstarrung und Auflösung
  • Vorschlag für einen neuen Begriff: Der dynamische Vegetationstypus
  • Der dynamische Vegetationstypus als „Heilmittel“ für die Pflanzensoziologie?
Theorie und Praxis der goetheanistischen Vegetationskunde
  • Goetheanistische Vegetationskunde: Die Verbindung von Wissenschaft, Ästhetik und Herzdenken
  • Die Anwendung der goetheanistischen Vegetationskunde in der Landschaftsentwicklung: Beispiel Ravensberger LichtLandschaften
  • Die Anwendung der goetheanistischen Vegetationskunde in der Heilpflanzenkunde: Beispiel Armleuchterlagen oder Schafgarbe
Leitung: PD Dr. Hans-Christoph Vahle
Kostenbeitrag: 20 €
Anmeldungen bis zum 31.01.2011 bei Hans-Christoph Vahle
Postalisch: Goethestr. 14, 58453 Witten
Tel.: 02302-2782008

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Rückschau auf 2010 und Ausblick

Ideen und Visionen brauchen ihre Zeit, um zu reifen und zu wachsen, bevor sie  Wirklichkeit werden können. Und sie brauchen Menschen, die sich dafür einsetzen und helfen, sie zu verwirklichen.
Die Idee der Akademie für angewandte Vegetationskunde hatte einige Jahre Zeit, sich in Kopf und Herz von Dr. Hans-Christoph Vahle zu bilden, um immer klarer in der Vision zu werden, bis ein vollständig durchdachter Plan vorhanden war, der zur Verwirklichung drängte.

Nach einigen zarten Versuchen konnte die Akademie dieses Jahr richtig „durchstarten“. Es gibt vor allem viele junge Studenten, die sich mit den Zielen und dem Wirkgefüge der Akademie identifizieren können und sich begeistert einbringen.
So bin auch ich in diesem Frühjahr dazugestoßen, gerade mit dem Studium der Landschaftsökologie fertig und auf der Suche nach einer Arbeit, die mich mit Freude und Sinn erfüllt. Begonnen hatte ich das Studium mit der Absicht, später Umweltschutz, Umweltbildung und Kunst miteinander zu kombinieren – und war völlig perplex, dass die Akademie eine wundervolle Synthese dieser Bereiche und sogar noch mehr anbietet! Darauf entschloss ich mich, bei Dr. Hans-Christoph Vahle meine Doktorarbeit über ein Thema für die Akademie zu schreiben und tatkräftig in der Akademie mitzuwirken. Und obwohl das Finanzielle ein Thema für sich ist, kann ich nur sagen – mein Traumjob!

So habe ich also ein ganzes Jahr hautnah miterleben können, wie die Akademie wuchs und jetzt auf festem Fundament steht. Ich glaube, dass die Ideen und Visionen, die wir haben und verwirklichen, in allen Bereichen zukunftsweisend sind.

Hier ein Rückblick, was die Akademie dieses Jahr an Erfolgen zu verzeichnen hat:

  • Nachwuchsförderung in Form von Exkursionen, Workshops, Vorlesungen,  Präsentationen und Mitnahme zur Biotopkartierung
  • Gewinn von Interessenten für die Akademie, vor allem Nachwuchs an jungen Leuten
  • Publikationen im Bereich Pflanzensoziologie und Medizin (noch nicht erschienen)
  • Teilnahme am Wettbewerb „Ideen Initiative Zukunft“
  • Öffentlichkeitsarbeit in Form von Newslettern und Internetblog
  • Eine Preisvergabe an den Initiativ-Verein „Ravensberger LichtLandschaften“
  • Ausweitung des Projektes LichtLandschaften auf Hof Sackern
  • Ausweitung des Projektes LichtLandschaften auf das Gelände des Institutes für Waldorfpädagogik Witten/Annen
  • Mitarbeit an der Initiative zur Berufsbegleitenden Ausbildung in goetheanistisch-anthroposophischer Naturwissenschaft
  • Mitarbeit im Integrierten Begleitstudium anthroposophische Medizin der Uni Witten/Herdecke: Seminare, Workshops, Exkursionen zur Heilpflanzenkunde
  • Lehrtätigkeit im Rahmen der freien Ausbildung der Landwirtschaftslehrlinge bei Demeter-NRW
  • Veranstaltung eines Kolloquiums zur goetheanistischen Vegetationskunde in der Uni Witten im Rahmen des Projektetreffens goetheanistischer Naturwissenschaftler
  • Veranstaltung eines Studierenden-Kolloquiums zur Vegetation der nordwestdeutschen Heideseen

(Und das Meiste davon ehrenamtlich!)

Hier kommt ein kleiner Ausblick, was wir 2011 vorhaben:

  • Wir werden ein Büro in der Uni Witten/Herdecke beziehen und möchten Präsenzzeiten einrichten, in denen wir auch telefonisch erreichbar sind
  • Natürlich weiterhin Nachwuchsförderung in Form von Exkursionen, Workshops, Betreuung von jungem Wissenschaftler-Nachwuchs, Lehrveranstaltungen, usw.
  • Ein Wochenendworkshop am 25.-27. Februar über Goetheanistische Vegetationskunde
  • Kostenlose Veröffentlichung einiger Publikationen von Dr. Hans-Christoph Vahle auf der Homepage www.vegetationskun.de
  • Verschiedene Publikationen von klassischen pflanzensoziologischen bis zu medizinischen Themen
  • Weiterhin Zusammenarbeit mit ökologischen Höfen
  • Erstellen einer Broschüre über die Ideen und die Arbeit der Akademie
  • Aufbau eines Netzwerks interessierter Vegetationskundler
  • Veranstaltung von Studierenden-Kolloquien zu verschiedenen Themen

Es wird also ein spannendes Jahr,
wir freuen uns über jeden interessierten, neugierigen Akademie-Nachwuchs und natürlich auch über Förderer, die uns in unserer Arbeit unterstützen möchten!

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Studien-Kolloquium über die Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft (Isoëto-Lobelietum) am 10.12.2010

Ausgangspunkt war die Anfrage von Marlene Naskar, Studentin der Umweltwissenschaften in Oldenburg, nach einem Beratungsgespräch zu ihrer Bachelor-Arbeit. Wir haben das sogleich zum Anlass genommen, daraus ein kleines Kolloquium zu machen, in dem auch weitere Interessenten des Akademie-Kreises teilnehmen konnten.

Um für alle eine Einführung in die Thematik zu geben, präsentierte Christoph Vahle zunächst den besonderen Lebensraum, den Heidesee, mit seiner vom Aussterben bedrohten Pflanzenwelt in einer Diashow. Da diese farbige Präsentation hier nicht wiederholt werden kann, sei statt dessen auszugsweise aus dem Buch „Die Pflanzendecke unserer Landschaften“ von H.-Ch. Vahle zitiert. Dort geht es um die Beschreibung des noch am besten erhaltenen nordwestdeutschen Heidesees, des Wollingster Sees, und zwar in seinem Zustand von vor etwa 100 Jahren. Dieser Zustand kann aufgrund vieler früherer Untersuchungen und Erzählungen sowie alter Fotos gut rekonstruiert werden:
 

Das optimale Bild der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft

Angesichts der alten Fotos kann man nur staunen, wenn man den Wollingster See von heute kennt. Da, wo sich heute Schilfröhrichte, Büsche und Bäume, Äcker und Wiesen ausdehnen, war früher nichts als Heide bis zum Horizont (Bild 1)! Bäume und Sträucher waren nur spärlich in die niedrige Vegetationsdecke eingestreut, allein der Seeberg hob sich deutlich aus der flachen Ebene.


Daneben der Wollingster See mit hellem, fast weißen Sandstrand – und kein Schilfröhricht weit und breit! Nur ein spärliches, kniehohes Gehälm aus meergrüner Schnabelsegge (Carex rostrata), dunkelgrüner Gewöhnlicher Sumpfsimse (Eleocharis palustris) und hellgrüner Zitzen-Sumpfsimse (Eleocharis mamillata) umsäumten den See als lockeres Band; sie setzten dem Wind kein Hindernis entgegen, der ungehindert über das Wasser fegen konnte. Er erzeugte im flachen Uferwasser starken Wellenschlag und Turbulenzen, was im Sandboden zur Bildung von Rippelmarken führte und etwaige organische Schwebstoffe in die Tiefe spülte. In dem sehr klaren, schwach gelblich gefärbten Wasser watend konnte man den hellen, kiesigen Sand stellenweise bis weit in den See hinein verfolgen, bevor er in der Tiefe dem Blick entschwand. Der sandige Strand und das helle Flachwasser, dessen Grund an keiner Stelle von dunklem Schlamm bedeckt war, zog sich um den ganzen See herum (Bild 2).


Auf dem sandigen Gewässerboden zwischen den lockeren Seggen- und Simsen-Halmen und im freien Wasser davor siedelte der niedrige, frischgrüne Unterwasserrasen der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft (Bild 3), der den ganzen Seeboden bis in eine Tiefe von 4-5 m bedeckte. Heute sind diese Rasen meist auf nur noch wenige Quadratmeter geschrumpft; man kann aber noch eine Ahnung von der ganzen Gesellschaft bekommen: Aus dem Boden ragen kurze, spitze Blättchen – wie kleinste Binsen sehen sie aus, nur wenige Zentimeter hoch und hellgrün, und sie überziehen den Boden in teils lockerem, teils dichtem Teppich. Hat man zunächst den Eindruck gewonnen, als hätte sich der Gewässerboden mit einem Stachelkleid überzogen, wird man eines Besseren belehrt, wenn man barfuss über den Rasen durch das Wasser watet. Die Pflanzengesellschaft fühlt sich dann zwar etwas knorpelig an, ist aber doch insgesamt recht weich. Mehrere der hellgrünen, zum Grund hin weißlichen Blätter werden durch die Fußtritte abgebrochen oder abgerissen und treiben nun wie Korken zur Wasseroberfläche. Prüfend in die Hand genommen, zeigt sich eine sehr schwammige Struktur des Blattinnern, das aus einem ausgeprägten Luftgewebe (Aerenchym) besteht.

Schaut man sich die Rasengesellschaft etwas genauer an, fallen innerhalb dieser sehr einförmigen Wuchsform doch unterscheidbare Gestalten auf. Gedrungene, deutliche Rosetten aus zahlreichen Blättern, die zurückgebogen und vorne leicht abgerundet sind, gehören zur Wasserlobelie (Lobelia dortmanna, Bild 4). Der Strandling (Littorella uniflora, Bild 5) bildet mit seinen Ausläufern meist dichte Matten aufrechter, zugespitzter Blättchen, die nicht in Rosetten stehen. Kommt man Anfang Juli an den See, findet man kleine weißliche bis hellblaue Blütenglöckchen, die zu mehreren an einem Stiel sitzen, der etwa 15 cm aus dem Wasser schaut. Das sind die Blüten der Wasser-Lobelie, die von den grundständigen Blattrosetten an langen Stielen aus dem Wasser gehoben werden.


Die dritte Art, das Brachsenkraut (Isoetes lacustris, Bild 6), ist in den Flachwasser-Rasen kaum zu entdecken, da es erst im metertiefen Wasser wächst und flachere Uferzonen meidet. Am ehesten findet man ganze Pflanzen oder deren Blätter am Strand angespült. Hier fallen sie beim genaueren Hinsehen durch die etwas längeren, dunkelgrünen, nadelspitzen und vorne leicht umgebogenen Blätter auf, die glasig-durchscheinend und innen deutlich gekammert sind. In dem löffelförmig verbreiterten Blattgrund kann man bei etwas Glück auch die kleinen Sporenkapseln entdecken – denn das Brachsenkraut ist eine farnverwandte Pflanze. Alle drei Pflanzenarten sind lichtliebend und auf reinen, sandig-kiesigen Boden angewiesen; sie würden bei nur wenigen Zentimetern Schlammauflage ersticken und eingehen.


Aktuelle Zustände und die Frage nach der Erhaltung und Entwicklung

Heute sieht das alles ganz anders aus. Marlene Naskar hatte in diesem Sommer die drei noch verbliebenen Heideseen Niedersachsens und außerdem zwei entsprechende Seen in Schleswig-Holstein untersucht. Das hat sie uns mit einer interessanten Präsentation nahe gebacht. In Niedersachsen – und nur hierum geht es in der Bachelor-Arbeit – gibt es inzwischen keinen Heidesee mehr, in dem alle drei charakteristischen Pflanzen gemeinsam vorkommen. Im Groben und Allgemeinen wissen wir zwar, woran das Verschwinden dieser Arten liegt, nämlich an der Eutrophierung, an der Versauerung und an der Aufgabe der alten Heidewirtschaft, die die Seeumgebung früher licht- und windoffen gehalten hat. Aber im Einzelnen gibt es doch noch viele ungelöste Fragen, z.B, warum im Silbersee zuerst die Lobelie ausstirbt und im Wollingster See das Brachsenkraut, oder warum sich heutzutage die lichtliebenden Pflanzen in den Halbschatten der Uferbüsche zurückziehen. Die ganz große Frage ist auch, ob sich die Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft wieder aus der Samenbank des Bodens regenerieren lässt und wie man unter den heutigen Bedingungen das Gewässer-Milieu gestalten muss, damit sich die Pflanzen wieder optimal entwickeln können.


Ganzheitliche Ansätze zum Verständnis der Lebensprozesse im Heidesee

Wir haben im letzten Teil des Kolloquiums versucht, den goetheanistisch-naturwissenschaftlichen Ansatz auf die Problematik der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft anzuwenden. Es war die Frage, ob sich hierdurch vielleicht neue Aspekte zum Verständnis ergeben.

Das erste Augenmerk hierbei galt der besonderen Vegetationsgestalt, ist doch das linealische Gestaltelement der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft etwas ganz Ungewöhnliches für eine Unterwasservegetation. Eine Gestaltgemeinsamkeit findet man am ehesten mit den Magerrasen, z.B. den Borstgrasrasen: auch hier nadelige, strahlige Formen, teilweise auch in Büschelwuchs. Dies bringt die Heidesee-Vegetation in Zusammenhang mit dem Luftelement.

Die nächste Frage war: Wo hat der Magerrasen mit seinen strahligen Vegetationsformen seinen Platz in der historischen Kulturlandschaft? Und wo steht hier der Heidesee? Beide gehören in den „äußeren Ring“ der Dorfgemarkung. Nach dem Organismus-Konzept (nachzulesen in „Die Pflanzendecke unserer Landschaften“) würde die äußere Magerrasen-Zone der Dorfgemarkung dem „Nerven-Sinnes-Pol“ angehören und der Vergleich mit dem menschlichen Auge liegt sehr nahe, wie wir an einigen anatomischen Bildern studieren konnten.

Der Heidesee als Auge der Landschaft – was kann das für eine zukünftige Landschaftsentwicklung und für die Neugestaltung der Heideseen bedeuten? Kann man hieraus übergeordnete Gesichtspunkte formulieren?

Ganz zum Schluss widmeten wir uns noch der Frage, ob wir – wenn wir schon mit dem Konzept des dreigliedrigen Organismus arbeiten – auch die ganze Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft dreigliedrig betrachten können und was das bringen würde. Denn sie besteht ja tatsächlich aus drei Gliedern: Brachsenkraut, Lobelie und Strandling. Wir haben diese Dreigliederung hinsichtlich der europäischen Verbreitungsareale, hinsichtlich der Trophiegliederung, der Tiefenzonierung und einiger anderer Parameter angeschaut und sind da zu verblüffenden Übereinstimmungen gekommen.


Überlegungen zu praktischen Konsequenzen

Zum Schluss haben wir ein Brainstorming für notwendige Optimierungs- und Erhaltungsmaßnahmen zusammengetragen. Als ganz wichtig und bisher zu wenig berücksichtigt scheint uns zu sein, das Augenmerk auf den Fischbesatz zu legen. Denn es ist zu vermuten, dass verschiedene Fische (Weißfische, Katzenwelse u.a.) das Wachstum und die Neu-Etablierung der Brachsenkraut-Lobelien-Gesellschaft massiv behindern. Denn warum hat sich auf dem frisch abgeschobenen Sandboden des Wollingster Sees bisher keine der drei Arten etablieren können? Warum wachsen die Pflanzen vornehmlich im „Schutz“ (!) von Röhrichten und Uferbüschen? Zum Vergleich: In den flachen Heideweihern, namentlich Ahlder Pool und Farger Heidetümpel, haben sich nach Abschieben sofort große Mengen von Lobelien etabliert – und in diesen Flachgewässern gibt es keine Fische.

Allem Weiteren wollen wir aber nicht vorgreifen und die fertige Arbeit von Marlene abwarten.


Bericht: Hans-Christoph Vahle

Dienstag, 7. Dezember 2010

kurz und knapp - die Akademie im Überblick

Hier noch einmal ein genauer Überblick über die Ziele und Anwendungsfelder der Akademie, kurz und knapp:
   
Akademie für angewandte Vegetationskunde
Das Ziel der Akademie ist die Rettung der Pflanzendecke, die unsere wichtigste Lebensgrundlage ist. Ohne Pflanzen kein Leben. Was aber geschieht gegenwärtig in diesen Zeiten großer Umbrüche? Trotz internationaler Bemühungen zum Schutz von Biodiversität und Lebensräumen führen die industriell-wirtschaftlichen Entwicklungen immer weiter zur Zerstörung der Pflanzendecke. Gleichzeitig ist ein gesellschaftliches Desinteresse gegenüber dieser Lebensräume zu beobachten: Immer mehr Menschen der Industrienationen kennen immer weniger Wildpflanzen. So wird oft gar nicht bemerkt, wie drastisch die Vielfalt der Pflanzenwelt vor der eigenen Haustür abnimmt und welche ungewollten Nebeneffekte dies nach sich zieht – aktuelles Beispiel: das Bienensterben.

Beim einzelnen Menschen beginnen
Genau hier setzt die Arbeit der Akademie an. Global denkend und lokal handelnd wird hier und jetzt vor der eigenen Haustür begonnen: im Ruhrgebiet und anderen Ballungsräumen, in verstädterten Dörfern und überdüngten, ausgeräumten Agrarlandschaften fangen wir am Punkt Null an. Punkt Null heißt: Wo nichts mehr ist, sondern wieder etwas erschaffen werden muss. Und beginnen heißt: Die einzelnen Menschen erreichen, bewusstseinsbildend tätig sein, sie abholen bei schon halb verschütteten Gefühlen und ästhetischen Erlebnissen von Natur und schließlich: Motivationen wecken, etwas Gutes zu tun für die heimische Natur und Landschaft. Und das alles nicht in Biosphärenreservaten, FFH-Gebieten oder Nationalparks, sondern in der geschundenen Pflanzendecke am eigenen Siedlungsrand.

Bildungsarbeit mit ganzheitlichem Denken
Hier gibt es viel an Bildungsarbeit zu leisten, da das gesellschaftliche Bewusstsein bezüglich der Pflanzendecke nur gering und viel zu oberflächlich ist. Zwar geht es auch um das „Nicht-Wissen“ von Pflanzennamen, aber was fast durchweg komplett fehlt, ist eine der Landschaft und der Pflanzendecke angemessene Form von Zusammenhangswissen. Komplexe Verflechtungen zwischen Pflanze und Boden, Wasser, Kleinklima und menschlichen Tätigkeiten erfordern ein nicht-lineares, ganzheitliches Denken, ein Denken in Bildern, nicht in abstrakten Modellen. Und bemerkenswert ist: nach einem solchen Bilder-Denken, einer „Ästhetik von Zusammenhangswissen“ besteht geradezu ein Hunger bei vielen Menschen, ohne dass sie das genauer in Worten fassen könnten (Grimme 1995).

Das Besondere: Der pflanzensoziologische Blick
Hier liegt die Stärke der Akademie. Ihre Basis-Wissenschaft ist die Pflanzensoziologie, was bedeutet: Nicht so sehr die einzelne Pflanze steht im Vordergrund, sondern immer die Pflanzengesellschaft – ein sehr dynamisches, komplexes Gefüge, was uns durch unsere Gestaltwahrnehmung zugänglich wird. Ein ganz außerordentlich wertvoller Schatz liegt noch nahezu ungehoben in dem „pflanzensoziologischen Blick“ verborgen, der bisher nur von einigen wenigen Pflanzensoziologen praktiziert wird, aber für die pflanzen-bezogene Bewusstseinsbildung von entscheidender, allgemein-menschlicher Bedeutung ist. Hier liegt die Antwort auf die Frage nach einer „Ästhetik von Zusammenhangswissen“: Den „pflanzensoziologischen Blick“ aus seinem wissenschaftlichen Käfig herauszuholen und in abgewandelter Form für alle Menschen zur Verfügung zu stellen, ist eine der Hauptaufgaben der Akademie.

Pflanzensoziologie - vom Aussterben bedroht ...
Der Pflanzensoziologie selbst, als einem noch recht jungen Wissenschaftszweig innerhalb der Botanik, droht jedoch leider der Untergang, noch bevor ihr wichtiger Wert von der Gesellschaft erkannt und geschätzt werden konnte. Immer mehr Lehrstühle dieser Richtung werden geschlossen oder in andere Schwerpunkte umgewandelt (z.B. Genetik, Mikrobiologie), so dass es für Arbeiten wie z.B. Biotopkartierungen bald keinen Nachwuchs mehr gibt – ein schleichendes Aussterben der Pflanzensoziologie hat längst eingesetzt. An den Universitäten ist die Folge, dass man dort krampfhaft versucht, sich innerhalb der Pflanzensoziologie methodisch an die hard science anzulehnen und das ursprüngliche ganzheitliche Konzept in ein abstraktes, computergestütztes Verfahren umwandelt. Das hat aber mit dem „pflanzensoziologischen Blick“, dem besonderen Alleinstellungsmerkmal dieser Wissenschaft, nichts mehr zu tun.

 ... und ihre Regeneration durch die goetheanistische Naturwissenschaft
Auch hier liegt ein wichtiges Arbeitsfeld der Akademie: der Pflanzensoziologe selbst neue wissenschaftlich-methodische Impulse zu geben. Das ursprüngliche Konzept stand mit seiner dynamischen Methodik und seinem Vegetationstypus als zentraler Idee in der Nähe der goetheschen Naturwissenschaft. Eine wissenschaftsmethodische Aufbereitung und ein Bekenntnis zu den goetheanistischen Wurzeln wird der Pflanzensoziologie eine neue, gesellschaftlich wirksame Kraft geben und ihre Vorreiterrolle im Kanon der modernen Lebenswissenschaften verdeutlichen. Die Akademie arbeitet deshalb in enger Kooperation mit vielen Pflanzensoziologen und wirkt hier als Ideengeber im Wissenschaftsraum.

Nur diese goetheanistisch erweiterte Pflanzensoziologe, auch goetheanistische Vegetationskunde genannt, verdient das Prädikat „ganzheitlich“ mit vollem Recht, was sich in den verschiedenen Anwendungsfeldern zeigt. Die goetheanistische Vegetationskunde ist ein Alleinstellungsmerkmal unserer Akademie. So ist auch die Umsetzung in den verschiedenen Anwendungsfeldern einzigartig:

·       In der Landwirtschaft, zunächst im Ökolandbau, gestaltet die Akademie auf Grundlage der goetheanistischen Vegetationskunde den notwendigen Übergang von der bisherigen industriell geprägten Landwirtschaft zu einer biologisch vielfältigen, ökologisch verträglichen und sozial gesunden Landwirtschaft. Das Spezialgebiet ist hierbei die Entwicklung und der Neuaufbau von Pflanzengesellschaften, die die Gesundheit von Vieh und Kulturpflanzen, von Landschaft und Mensch fördern und dazu noch diejenigen Wildtier- und Wildpflanzenarten erhalten helfen, die auf den „Roten Listen“ stehen. Als besondere Konzepte der Akademie kommen zur Anwendung: Das Konzept der Potenziellen Kulturlandschafts-Vegetation und das Konzept der Lichtlandschaften. Die Aufgabe der Akademie ist hier im Prinzip die Heilung der Landschaft.

·       In der Bildungsarbeit leitet die Akademie neben der Wissensvermittlung insbesondere das „Sehen“ und das „Lesen“ in der Landschaft an. Hierdurch wird die Alltagslandschaft vor der eigenen Haustür ganz neu erlebt, was zu sinnvollen Handlungsansätzen in den erkannten Zusammenhängen führen kann. Als besondere Konzepte der Akademie kommen zur Anwendung: Das Konzept des „pflanzensoziologischen Blickes“, das Konzept der „Vegetation als Schrift der Landschaft“. Die Aufgabe der Akademie ist hier im Prinzip die Heilung von Wahrnehmen und Denken.

·       Völlig neu ist das Anwendungsfeld der Medizin. Die Akademie verhilft auf Grundlage der goetheanistischen Vegetationskunde zu einem neuen Verständnis der Heilpflanzen, indem deren Stellung in der Landschaft, am Standort und in der Pflanzengesellschaft betrachtet wird. Von diesem „Makrokosmos“ Landschaft kann die Brücke geschlagen werden zum Mikrokosmos Mensch. Nicht nur das traditionelle Heilpflanzen-Wissen erscheint dadurch in einem neuen Licht, sondern es können methodische Ansätze für die Entdeckung ganz neuer Heilpflanzen entwickelt werden. Als besonderes Konzept der Akademie kommt zur Anwendung: Der Ansatz der funktionellen Dreigliederung des Menschen und der Landschaft sowie der Vier-Elemente-Ansatz der goetheanistischen Vegetationskunde.

Ganz wichtig: Nachwuchsförderung!
Schließlich ist es noch von allergrößter Bedeutung, dass es jungen, interessierten Menschen ermöglicht wird, in der Akademie mitzuarbeiten, sich in die besonderen Aspekte einzuarbeiten und diese zu vertiefen und als Multiplikatoren das Gedankengut, die Konzepte und Fähigkeiten weiter in der Gesellschaft zu verbreiten. Studierende der Biologie, Landschaftsökologie, Medizin, Pädagogik, Landwirtschaft u.a. ermutigen wir ausdrücklich, sich in die Akademie einzubringen – etwa durch Dissertationen, die in Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke durchgeführt und als Promotion angenommen werden können.

Zusammenfassung:
Die Haupt-Tätigkeitsfelder der Akademie
Die Akademie arbeitet auf drei Ebenen:
· Im Wissenschaftsraum als Ideengeber und Impulsator für innovative ganzheitliche Konzepte,
· in den praktischen Anwendungsfeldern von Landwirtschaft, Bildung und Medizin als Projekt-Initiator, Berater, Vermittler und durch Weiterbildung,
·    und schließlich in der Ausbildung und Förderung von jungen Nachwuchskräften, die die Impulse der Akademie weiter in der Gesellschaft verbreiten.

Die Akademie
- entwickelt Konzepte
- initiiert und berät
- bildet aus

Montag, 29. November 2010

Ankündigung Workshop Goetheanistische Vegetationskunde

Vom 25.-27. Februar 2011 bietet die Akademie unter der Leitung von Dr. Hans-Christoph Vahle einen Workshop zum Thema „Goetheanistische Vegetationskunde“ in Witten an.

Unter der Fragestellung „Was ist Goetheanistische Vegetationskunde, warum ist sie so besonders und was kann ich damit anfangen?“ wird ein völlig neuer, ganzheitlicher Zugang zur Vegetation und zur Vegetations-Wahrnehmung aufgezeigt. Dabei wird der wissenschaftliche Aspekt der Pflanzensoziologie mit einem künstlerisch-ästhetischen Aspekt verbunden. Schließlich folgt noch die konsequente Anwendung der Methodik in den Anwendungsfeldern Naturschutz, Landwirtschaft und Medizin und die Darstellung einiger bemerkenswerter Beispiele. Bei Interesse kann die Arbeit im Sommerhalbjahr 2011 in Form von Exkursionen mit praktischen Geländeübungen fortgesetzt werden.

Voraussetzungen: Interesse und Spaß an Botanik und Vegetationskunde, Neugier auf neue Entdeckungen; künstlerische Voraussetzungen: keine.

Es wird für den Workshop ein kleiner Kostenbeitrag von 20 Euro erhoben.

Alles Weitere wird noch mitgeteilt, Anmeldungen bitte an: vahle[at]vegetationskun.de

Freitag, 12. November 2010

Biotopkartierung? Was ist das?

In diesem Jahr gab es im Rahmen der Nachwuchsförderung die Möglichkeit, PD Dr. Hans-Christoph Vahle beim Biotopkartieren zu begleiten und so nicht nur Arten- sondern auch Pflanzengesellschafts-Kenntnisse zu erlernen bzw. zu erweitern.   

Biotopkartierung? Was ist das?

(Dazu zitiere ich aus Wikipedia, dort ist es so schön in kurzen Worten erklärt):
„Eine Biotopkartierung wird entweder von naturschutzinteressierten Privatleuten, etwa in Naturschutzverbänden, im Auftrag von Behörden oder im Rahmen einer Forschungsarbeit ausgeführt, um Lebensräume in einem bestimmten Gebiet zu erfassen und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt zu bewerten.
In einer oder mehreren Begehungen werden folgende Daten registriert:
  • Nutzungsform und -intensität
  • Vegetation und Pflanzengesellschaften, auch im Hinblick auf gesetzlich generell unter Schutz stehende Biotoptypen wie etwa Hochmoore oder Sand-Magerrasen
  • Flora (und Fauna)
  • Vorhandensein von besonderen Strukturelementen wie beispielsweise: Einzelbäume und Gebüschgruppen, Trockenmauern, Böschungen, Hohlwege und Kleingewässer
 Ergebnis der Biotopkartierung ist meist eine oder mehrere Karten, aus denen die Bedeutung des Gebietes aus naturschutzfachlicher Sicht hervorgeht.
Der Zweck einer Biotopkartierung ist eine Inventarisierung der Landschaft nach naturschützerischen Gesichtspunkten. Diese ist hilfreich für:
  • Nachweis schleichender Veränderungen
  • Planung von Naturschutzmaßnahmen, speziell auch Biotopvernetzung
  • Unterstützung bei der Eingriffsregelung und der Flurbereinigung
  • Argumentationshilfe bei geplanten Eingriffen in die Natur“

 Vom 04.-09. Mai in diesem Jahr bin ich zum ersten Mal mit in die Vulkaneifel zum Kartieren gefahren. Durch mein Studium hatte ich schon grundlegende Artenkenntnisse, doch schon am ersten Tag war ich überwältigt, wie viel es noch zu entdecken gibt! 

Diese Art der Nachwuchsförderung ist wirklich unglaublich wertvoll – man ist den ganzen Tag draußen, lernt durch ständige Wiederholungen automatisch die Arten und kann sich auch merken, an welchen Stellen, in welchen Gemeinschaften sie wachsen; man kommt an Orte, die sonst keiner betreten darf und entdeckt viel Schönes am Rande. Highlights für das Auge waren natürlich die Orchideen und die Schlüsselblumenwiesen.

 
Fazit dieser Woche: 

  • 71 Vegetationsaufnahmen
  • 263 Pflanzenarten (59 Pflanzen-Familien)
  • alle möglichen Biotoptypen von Offenland bis Wald

Nächstes Jahr versuchen wir, diese Möglichkeit der Fortbildung wieder anzubieten, da sie  sehr gut angenommen worden ist und aus eigener Erfahrung kann ich auch nur positive Rückmeldung geben!


Montag, 1. November 2010

Vegetationskunde. Vegetationsästhetik! Vegetationstherapie?

Für alle, die etwas mehr über einen Teil unserer Arbeit erfahren wollen - hier der Inhalt einer Broschüre, der mit Sicherheit Neugier und Begeisterung weckt:

Vegetationskunde.
Vegetationsästhetik!
Vegetationstherapie?

Warum eine Beschäftigung mit der Vegetation?

Ein ökologischer Grund ...

Wenn wir Menschen heute einen verantwortungsvollen Umgang mit der Biosphäre entwickeln wollen, dann sind eine Erkenntnis und ein Erleben von Vegetation sowie ein praktischer Umgang mit ihr sehr wichtig; hierzu nur ein paar Tatsachen:
- 99 % der Biosphäre bestehen aus Pflanzenmasse;
- die Photosynthese wird von der grünen Vegetation vollzogen und ist Grundlage allen Lebens auf der Erde;
- die Vegetation ist maßgeblich für das Gesicht der Landschaften. 

... und ein ganz anderer Grund ...

"Hast du noch nie empfunden: Es muss anders werden! Wenn du z.B. im Wald saßest und die lieben Bäume und Gräser um dich herum sahest, von denen dich doch so ein Weltabgrund der Nichterkenntnis schied! Was waren sie eigentlich, wo war ihre Seele, wo war der Punkt, in dem ihr euch brüderlich treffen konntet, nicht nur in dumpfer Liebe von deiner Seite, sondern euch gleichsam ins gottgeschwisterliche Auge schauend? Wäre es nicht unsinnig, wenn es in einer Welt, so weit und verschwenderisch angelegt, immer so bliebe, nie anders würde? Muss es nicht anders werden? Und löst diese Not und Notwendigkeit nicht etwas in dir, das sagt: Ja, es muss besser werden, und ich will Tag um Tag dem Geist und den Geistern der Dinge entgegengehen, sind sie doch gewiss auch schon längst auf dem Wege zu mir." (Christian Morgenstern)

... und ein künstlerischer Grund.

Zwischen den beiden genannten Gründen, die entweder mehr die physische oder die spirituelle Seite der Annäherung an die Pflanzenwelt betonen, liegt vielleicht noch ein drittel Grund, der als Versuch verstanden werden kann, beide Aspekte zu verknüpfen. Hervorragende Bedeutung kommt hierbei der Wahrnehmungsschulung zu, die Subjekt und Objekt miteinander verbindet und hilft, den Dualismus von Mensch und Natur und den von Materie und Geist zu überwinden. Da der ursprüngliche Sinn des Wortes "Ästhetik" eben der der Wahrnehmungsschulung ist, soll zentrales Thema unserer Arbeit die "Vegetationsästhetik" sein, was heißt: Schulung der Wahrnehmung an der Vegetation und mit Hilfe der Vegetation.

Die Pflanze in uns und die Vegetation um uns

Die Pflanze in uns: Schlüssel für die Lebensprozesse der Erde und des Menschen?

Verantwortung für die Biosphäre heißt nichts anderes als Verantwortung für globale Lebensprozesse. Dass es aber mit einem Bewusstsein von Lebensprozessen, egal welcher Art, nicht weit her ist, zeigt auch unser Umgang mit uns selbst, unseren eigenen Lebensprozessen. Dieses Aufeinander-Bezogen-Sein von außen und innen lässt eine etwas merkwürdig anmutende Frage entstehen: Was wissen wir eigentlich über die Pflanze in uns? Wir haben ein Bewusstsein von der Materie in uns (Biochemie, Biophysik, letztlich ist heute die Physiologie nur Biochemie), wir haben ein Bewusstsein des "Tieres in uns" (Verhaltensforschung, Psychologie), und wir haben ein Bewusstsein des Geistes in uns (Philosophie, Geisteswissenschaften). Alles - innen und außen - ist durch die Evolution miteinander verbunden. Alles? Wo bleibt dann die Pflanze in uns? Davon gibt es kaum ein Bewusstsein, obwohl sie doch logischerweise da sein müsste.

Der Weg nach außen zum Verständnis des Innen

Hier sei die These gewagt: Das Nicht-Bewusstsein von der Pflanze in uns hängt unmittelbar zusammen mit der Zerstörung der Lebensprozesse in uns und unserer Umwelt. Und weiter: Zur Pflanze in uns kommen wir nur über eine Erkenntnis der Pflanzendecke außerhalb von uns, der Vegetation! Dazu reichen aber nicht Botanik, Physiologie oder Einzelpflanzen-Betrachtungen - so wichtig sie auch sind. Das rein Pflanzliche kann erst in der grünen Decke der Vegetation richtig erfasst werden, in dieser nicht-individualisierten Lebenssphäre. Nur ist eben dazu der Zugang nicht leicht, wäre er es, hätten wir nicht die geschilderten Probleme.

Die Vegetation: ein psychologisches Problem und seine Überwindung

Die Vegetation erscheint im Bewusstsein von uns Menschen meist aufgelöst in einzelne Individuen: Blumen, Bäume, Kräuter. Die strukturierte Decke des Vegetationszusammenhanges bleibt demgegenüber als "langweiliges" Grün im Hintergrund. Auch die heutige Naturpädagogik zielt auf die Begegnung zwischen Mensch und individueller Naturerscheinung wie einem Tier, einem Baum, einer Blume. Hier ist die emotionale Ebene direkt angesprochen, - die Menschen können eine Direktbeziehung herstellen und somit leichter einen Zugang zur Natur finden.

Ganz anders bei der Vegetation! Da gibt es nichts Individuelles, sondern einen überindividuellen Zusammenhang, der aber dennoch intensiv lebt. Hierzu eine Beziehung aufzubauen, geht eigentlich gegen unsere seelische Grundkonstitution, die gerne ein Ich-Du-Verhältnis sucht. Und trotzdem ist der Zugang zur nicht-individuellen Ebene von besonderer Wichtigkeit. Hierdurch finden wir nämlich einen Weg zum Eintauchen in die Lebensprozesse der Erde und der Landschaft überhaupt. Und wir finden so, quasi von Außen über einen Umweg, zu den Lebensprozessen in uns, und damit zu der Pflanze in uns. Denn die Pflanze, oder besser "das Pflanzliche", repräsentiert die reine Lebensorganisation ohne seelische Beteiligung (vgl. die vierschichtige Gliederung der realen Welt von Nicolai Hartmann). 

Das Leben der Landschaft lesen: Vegetation als die Schrift

Die Lebenszusammenhänge eines Ortes werden durch die Vegetation ins Bild gesetzt, wie die Vegetationskunde längst gezeigt hat. Die Feuchtigkeit des Bodens und der Luft, die Temperatur, die Beschattung, die Art des Bodens, der Einfluss von Tier und Mensch - alles das bildet sich in der Vegetation ab. Diese Bilder können wie eine Schrift lesbar werden - und zwar flächendeckend. Es gilt nun, diese Schrift, die bisher nur von wenigen Fachleuten entziffert werden kann, allgemeinverständlich lesbar zu machen.

Wie kann diese Bildungsaufgabe aussehen? Zunächst muss ein Weg entwickelt werden, auf dem ein Zugang zur Pflanzensphäre gefunden werden kann. Der erste Schritt muss, analog zu der "individualisierten" Ebene bei der herkömmlichen Naturerfahrung (Aufbau einer seelischen Beziehung in der Naturbegegnung vor Ort), auch bei einem tiefen, möglichst positiven Erlebnis ansetzen. Das ist bei der grünen Pflanzendecke wohl nur über die ästhetische Ebene möglich, also über die Gestalt der Vegetation. Das Erleben des Naturschönen muss im Vordergrund stehen. Und je mehr die Vegetation mit den "Augen des Kindes, des Künstlers, des Liebenden" (Portmann 1973) gesehen wird, umso intensiver wird dieses Erlebnis sein.

Wege der Annäherung

Der wissenschaftliche Weg: Vegetation buchstabieren lernen

Das Eintauchen in die Ästhetik von Lebenszusammenhängen eines Ortes wird durch das Lesen der Vegetation, als der Schrift der Landschaft, möglich. Das Lesen beginnt jeweils mit einem gründlichen Buchstabieren, das in ein verstehendes Lesen übergeht. Dies ist in erster Linie Arbeit für Fachleute, d.h. Vegetationskundler. Und es bedeutet in der Fachsprache: vertraut machen mit der Vegetation eines Ortes und verstehen des Zusammenhangs zwischen Vegetation und Standort. Die Aufgabe der Vegetationskundler ist es dann weiterhin, den Menschen die gefundenen Zusammenhänge allgemeinverständlich weiterzugeben - und das heißt in erster Linie: auf ästhetischer Ebene, was heute so gut wie gar nicht geschieht.

Der künstlerische Weg: Bedeutung und seelische Wirkung der Vegetations-Schrift

Im nächsten Schritt des Lesens in der Landschaft geht es um diejenige Bedeutung der Vegetation, die sich in der Beziehung zum Menschen darstellt. Hierauf aufmerksam zu werden und damit umgehen zu lernen, ist der zentrale Punkt der Vegetations-Ästhetik. Die eingangs geschilderte Schwierigkeit sich auf die "langweilige" grüne Vegetationsdecke einzulassen, kann nun in einen aktiven Schulungs- und Übungsweg für alle Menschen umgewandelt werden. Das erfordert die Mobilisierung und Entwicklung bestimmter seelischer Eigenschaften: beispielsweise die innere Bereitschaft, sich starker Affekte - Sympathie und Antipathie - zu enthalten. Denn die Vegetation erweckt unmittelbar keine bloße emotionale Sympathie wie etwa ein junges Säugetier, noch Antipathie wie Spinnen oder Schlangen. Weiterhin wird wenigstens ansatzweise eine Seelenhaltung notwendig, die das starke Gefühl für Individualität, wie sie unter Menschen herrscht, herabdämpft und der Natur gegenüber in ein Gefühl für Über-Individualität, für Selbst-Losigkeit, für große lebendige, überpersönliche Ganzheiten umwandelt. Solche seelischen Fähigkeiten können beim bewussten Umgang mit Vegetation geschult werden und stehen dann auch für soziale Prozesse zur Verfügung, die das Individuelle unter Menschen nicht ausschließen.

Umgekehrt spiegelt sich aber auch das Wesen von uns Menschen (unseres Bewusst-Seins, unserer Gesellschaft) in der Vegetation. Die historischen Kulturlandschaften sind ebenso Zeugnis davon wie die gegenwärtigen Stadt- und Industrielandschaften. Einmal auf diese Sicht aufmerksam geworden, entfaltet die Landschaft ein ganzes Bilderbuch der kollektiven menschlichen Innenwelt. Es können hierdurch große innere Wahrbilder sichtbar werden, die dann auch zum Tätigwerden aufrufen. Motive für das Handeln, das sich daraus ergibt, entspringen nicht allein rationalem Kopfwissen, sondern auch einem "Herzwissen", das mit lebendigen Bildern verbunden ist.

Der Weg des Handelns: Vegetation neu schreiben

Der Wille zum Handeln, entsprungen aus "Herzwissen", das in der Ästhetik begründet ist, gibt der "Vegetationsschrift" der Landschaft eine weitere Bedeutung. Denn Schrift kann nicht nur gelesen und verstanden werden, sie kann und muss auch geschrieben werden. Bleibt man im Bild der Vegetation als Schrift, dann bedeutet Landschafts-Entwicklung und Landschafts-Gestaltung: Neues "Schreiben" oder Überarbeiten der Landschaft mit der und durch die Vegetation. Vegetation ist nämlich nicht nur ein passiver Anzeiger für Standortkräfte, sondern ist auch selbst ein Aktivposten im gesamten Wirkgefüge. Sie selbst ist Standortfaktor und kann die physikalisch-chemischen Verhältnisse massiv beeinflussen, entweder auf eine Veränderung oder auf ein Gleichgewicht hin. Durch Förderung bestimmter Pflanzengesellschaften hat es der Mensch in der Hand, mit Hilfe der Vegetation den Standort aktiv zu gestalten.

Dies zu planen und zu entwerfen ist in erster Linie die Aufgabe von Landschaftspflegern und Landschaftsarchitekten, die aber auch für die beteiligten und betroffenen Menschen vor Ort "Schreibhilfe" geben müssen. Die zukünftige Aufgabe der Landschaftspfleger wird wohl weniger die Erfüllung eines vorgegebenen Auftrages sein als vielmehr die Anregung und Betreuung von Initiativ-Projekten (Francis 1999) nach dem Motto: Lasst uns gemeinsam die Zukunft der Landschaft gestalten! Die Ästhetik von Lebenszusammenhängen, die erlebt, erkannt und selbstverantwortlich gestaltet werden können, kann das tragende Motiv dazu sein, und die Vegetation das Medium.

Vegetations-Therapie?

Bei genauerem Hinsehen sind in den drei geschilderten Wegen einer Annäherung an die Vegetation therapeutische Aspekte enthalten. Vegetationstherapie, als das eigentlich praktische Ergebnis der Vegetationsästhetik, hat eine doppelte Bedeutung: einerseits kann der Mensch durch seine Tätigkeit die Vegetation und damit die Landschaft therapieren - oder besser gesagt: die Landschaft mit Hilfe der Vegetation therapieren. Das ist vorwiegend im Rahmen des "Weges des Handelns" der Fall, wo es um Landschaftsgestaltung geht.

Andererseits kann der Mensch durch die Vegetation therapiert werden, indem er sich, wie oben beschrieben, wissenschaftlich, künstlerisch oder tätig auf sie einlässt. Der tätig-pflegende Umgang mit Vegetation ist schon lange als therapeutisch bedeutsam bekannt. Aber auch die Wissenschaftlich-Goetheanistische und die künstlerische Annäherung haben ihre positiven Wirkungen, wenn die Betrachtungsebene von der Einzelpflanze hin zur Pflanzendecke als Ganzheit wechselt. Bei dem Trainieren dieser völlig neuen Wahrnehmungsebene wird nicht nur einfach das Bewusstsein erweitert, sondern es wird sich daran ein neues seelisches "Instrument" bilden, das als Auffassungsorgan für die Phänomene geeignet ist. Das erfordert und fördert eine seelische Umstimmung von einer eher egoistisch betonten zu einer mehr umkreisbezogenen und damit sozialbezogenen Haltung.

Praktische Projekte

Auf drei Ebenen soll die Vegetations-Ästhetik umgesetzt werden, die zwar alle zusammenhängen, aber doch ihre eigenen Schwerpunkte haben. Das eine ist die praktische Arbeit im Rahmen von Landschaftsgestaltung und -entwicklung, die die Steigerung der lebendigen Vielfalt mit Hilfe von gelenkten Pflanzengesellschaften zum Ziel hat. Unter dem Thema "LichtLandschaften" werden hierbei die vom Menschen abhängigen Pflanzengesellschaften der Kulturlandschaft gefördert, optimiert und teilweise auch neu angelegt. Das wurde bereits an mehreren Stellen erfolgreich begonnen, beispielsweise im Norden von Bielefeld als die "Ravensberger LichtLandschaften" und auf Hof Sackern, einem biologisch-dynamischen Betrieb südlich des Ruhrgebietes.

Der zweite Schwerpunkt ist die Publikation von Büchern und Artikeln. Aktuelle Publikationen in Arbeit sind:

  • Chara intermedia – Eine homöopathische Studie mit Fallbeispielen (zusammen mit Heidi Brand, Norbert Groeger, Michael Bögle)
  • Die Armleuchteralgen (Characeae) Niedersachsens und Bremens (zusammen mit Ralf Becker, Annemarie Schacherer)
  • Die Pflanzengesellschaften Niedersachsens, Band 1 und 3
  •  Die Präparatepflanzen in den Pflanzengesellschaften der Kulturlandschaft –        Konsequenzen einer pflanzensoziologischen Betrachtung –
  •   Goetheanistische Vegetationskunde: Ein Weg zur Heilpflanzen-Erkenntnis aus den Pflanzengesellschaften heraus
Eines der wichtigsten Buchprojekte ist die Herstellung eines Handbuches der Pflanzengesellschaften unserer Kulturlandschaften, das als allgemeinverständlicher Leitfaden für die Menschen der LichtLandschafts-Projekte dienen soll. In dem Buch soll jede Pflanzengesellschaft mit einem schönen Bild (Wecken des Interesses), einem kleinen Text zu Standortbedingungen und Verbreitung (Vertiefen der Erkenntnis der Lebensumstände) und konkreten Hinweisen zur Pflege und zur sinnvollen Einbindung in eine vielfältige und nachhaltig bewirtschaftete Kulturlandschaft (Aufforderung zur Tat) vorgestellt werden. Damit kann jeder Interessierte Freude und Lust am eigenen Entdecken entwickeln und aufmerksam darauf werden, wo in seinem Umfeld Möglichkeiten bestehen, vielfältige Pflanzengesellschaften in die Nutzung zu integrieren. Dieses Werk ist geplant, liegt jedoch zur Zeit auf Eis, weil für diese größere Aufgabe Arbeitskraft freigestellt werden müsste.

Der dritte Schwerpunkt ist der Ausbau der Akademie für angewandte Vegetationskunde als Ausbildungsstätte für Studenten der Landespflege, Landwirtschaft, Ökologie, Biologie, Pädagogik etc. Hier wird das Wissen und die gemachten Erfahrungen an jüngere Menschen weitergegeben, die wiederum später in Bereichen arbeiten, in denen im Sinne der Vegetationsästhetik umsetzungsorientiert gearbeitet wird. Die jungen Leute werden an der gesamten Arbeit der Akademie beteiligt. Auf diese Weise wird die längst geforderte Synthese von Forschung, Lehre und Praxis ermöglicht.


Literatur:
Francis, M. (1999): Initiativ-Planer - ein neues Profil für die Profession. - Garten + Landschaft 8/1999: 30-32.
Morgenstern, C. (1996): Lichtspur ins Geheimnis. - München (Hrsg. K.-H. Koch). 120 S.
Portmann, A. (1973): Verkümmerung der Lebensquellen. - Reihe Bayer. Akademie der Schönen Künste 12. München. 24 S.
Vahle, H.-C. (1996 a): Vegetation - die Schrift der Landschaft. - Die Drei 66 (7/8): 736- 753.
Vahle, H.-C. (1996 b): Pflanzensoziologie. Ein Weg zu einer goetheanistischen Land- schaftskunde. - Tycho de Brahe-Jb. f. Goetheanismus 1996: 129-207.
Vahle, H.-C. (1997): Neugestaltung des Schulgeländes mit heimischen Pflanzengesellschaften. - Einblick, Schulzeitschrift der Rudolf-Steiner-Schule Bochum 5: 43-47.